Kohlröschen und andere Orchideen in Südtirol

 Nach rund zehn Jahren Pause war es endlich soweit: Ich konnte mich mal wieder den alpinen Orchideen widmen. Bereits 2004 und 2006 war ich wegen einiger spezieller Arten in Salzburg und in der Steiermark unterwegs. In diesem Jahr sollte es wegen der Kohlröschen nach Südtirol gehen. Eigentlich sollte das Pordojjoch eines von mehreren Zielen sein - überwältigt von dem dortigen Arten- und Individuenreichtum habe ich jedoch kurzerhand die anderen Ziele aus der Reiseroute gelöscht. Allein und gemeinsam mit mit meinem "Orchideenfreund" Manfred Lensch konnte ich mich so mehrere Tage voll und ganz auf die bunten Wiesen oberhalb der Passstraße konzentrieren.

Da ich zuvor mit digitaler Kameratechnik noch gar nicht in den Alpen unterwegs war, reizten mich eigentlich alle Alpenorchideen, die ich finden konnte. Insofern waren bereits bei der Anreise die großen Bestände unserer beiden Händelwurz-Arten tolle Motive. Auch die in den Alpen ansonsten gar nicht so seltene Kugelorchis (Traunsteinera globosa) war ein begehrtes Ziel, mit dem ich eigentlich gar nicht gerechnet habe, denn in den vielen Berichten befreundeter Orchideenkenner fand sie für die dortige Region keine Erwähnung. An einer Stelle stieß ich aber auf ein sehr großes Vorkommen dieser aufgrund des hohen, schmalen Wuchses gar nicht so leicht zu fotografierenden Art. An einer Stelle auf einem exponierten Wiesensattel fand ich nach einem Tipp gemeinsam mit den ersten Edelweißen (Leontopodium alpinum) in meinem Leben auch einige Zwergorchis (Chamorchis alpina), die hier auf den recht kahlen Kalkfelsen zwischen der Weißen Silberwurz (Dryas octopetala) wuchsen.

Besonders für einige Kohlröschen-Arten hat das Pordoijoch inzwischen einen ausgezeichneten Ruf. Rund sechs Arten sollen hier wachsen, das feuchtigkeitsliebende Kohlröschen (Nigritella hygrophila) ist sogar von hier beschrieben. Besonders diese Kohlröschensippe wollte ich mir ansehen und mir ein eigenes Bild von ihr machen, denn unter vielen Orchideenspezialisten ist diese Art seit ihrer Beschreibung im Jahr 2011 noch umstritten. Insgesamt gibt es aus dieser Orchideengattung und von diesem Ort eine Menge Unklarheiten. Trotz meines Besuches bin ich bezüglich der hier vorkommenden "Roten Kohlröschen" eher ratloser als schlauer geworden.

Während das Österreichische Kohlröschen (Nigritella austriaca) fast nur noch abblühend gefunden werden konnte, war das Gewöhnliche Kohlröschen (Nigritella rhellicani) trotz einiger kleiner Makel meist noch in Hochblüte. Die Hybriden zwischen dem Gewöhnlichen Kohlröschen und der Mücken-Handelwurz (Nigritella rhellicani x Gymnadenia conopsea = xGymnigritella suavolens) waren eher abblühend und unfotogen, während die Kreuzungen mit der Wohlriechenden Händelwurz (Nigritella rhellicani x Gymnadenia odoratissima = xGymnigritella heufleri) gerade erst anfingen zu blühen. Besonders freute ich mich über eines kleines Hangquellmoor inmitten der Orchideenwiesen, in denen die letzten Blüten der alpinen Unterart des Breitblättrigen Knabenkrautes (Dactylorhiza majalis subsp. alpestris) wuchsen und gerade einige Blutrote Knabenkräuter (Dactylorhiza cruenta) ihre Hochblüte erreicht haben. Besonders letztere Art kannte ich bis dahin noch nicht und ich dachte eigentlich, durch die spontane Änderung meiner Reiseroute würde ich diese bei meiner Tour gar nicht mehr vor die Linse bekommen. Dass sich das Blatt noch einmal wenden kann, konnte ich hier sehr schön erleben. Es war ein toller Abschluss einer ergiebigen Tour in einer spektakulären Landschaft.
 


Mein Dank für viele spannende und interessante Information in Vorfeld und während meiner Reise gebührt meinen Orchideenfreunden Wolfram Foelsche, Ulrich Heidtke, Manfred Lensch, Dieter Gschwend, Stefan Hertel und Wolfgang Höll.